Nihon Hidankyo, die Organisation der Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki, erhält den Friedensnobelpreis 2024 – für uns ein Ansporn bei der Unterstützung der Atomwaffenverbots-Initiative
Ein kluger Entscheid in gefährlichen Zeiten
Am 11. Oktober 2024 hat die japanische Anti-Atomwaffen-Organisation Nihon Hidankyo den Friedensnobelpreis 2024 erhalten. Die auch unter dem Namen Hibakusha bekannte Bewegung ist 1956 von Überlebenden der Atombomben-Abwürfe auf Hiroshima und Nagasaki gegründet worden. Der Friedensnobelpreis 2024 sei eine Auszeichnung für die Bemühungen um eine nuklearwaffenfreie Welt, teilte das norwegische Nobelkomitee in Oslo mit. Nihon Hidankyo habe massgeblich dazu beigetragen, dass der Einsatz von Atomwaffen jahrzehntelang als Tabu galt.
„Es ist deshalb alarmierend, dass dieses Tabu des Einsatzes von Nuklearwaffen heute unter Druck steht“, betonte der Nobelkomitee-Vorsitzende Jorgen Watne Frydnes. „Die Atommächte modernisieren ihre Arsenale und rüsten sie auf.“ Weitere Länder strebten den Besitz von Atomwaffen an. Darüber hinaus gebe es in derzeitigen Kriegen Drohungen, diese Waffen einzusetzen – „die zerstörerischsten Waffen, die die Welt jemals gesehen hat“.
Auch die Schweiz muss den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen!
Wir freuen uns über die kluge Wahl des diesjährigen Trägers des Friedensnobelpreises. Denn hiermit wird eine Organisation gewürdigt, die das Gedächtnis an die Wirkung von Atomwaffen verkörpert: In Hiroshima und Nagasaki überlebten 1945 nur wenige Menschen. Etwa 100’000 Personen starben binnen Minuten an den Verbrennungen, weitere 130’000 in den folgenden Monaten an den Auswirkungen radioaktiver Strahlung. Die Vernichtungskraft moderner Atomwaffen übertrifft diejenige der Atombomben gegen Hiroshima und Nagasaki um ein Vielfaches. Deswegen kann nur ein Verbot von Atomwaffen langfristig Sicherheit garantieren. Genau dieses Ziel verfolgt der UNO-Atomwaffenverbotsvertrag, der wichtigste nukleare Abrüstungsvertrag unserer Zeit. Bisher haben ihn 94 Staaten unterzeichnet.
Trotzdem hat der Bundesrat entschieden, dass er dem Atomwaffenverbotsvertrag weiterhin nicht beitreten will. Mit diesem Entscheid verpasst es die Schweiz als Depositarstaat der Genfer Konventionen, ein starkes Zeichen für die Ächtung von Atomwaffen zu setzen. Die Atomwaffenverbots-Initiative hat zum Ziel, dass die Bevölkerung darüber entscheiden kann, ob die Schweiz ihre humanitäre Tradition und ihre friedenspolitische Verantwortung mit der Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags wahrnehmen soll. Unsere Sektion wird diese Initiative aktiv unterstützen.
Arthur Villard – ein Pionier im Kampf gegen die atomare Bewaffnung
In den 1950er-Jahren, mitten im Kalten Krieg, gehörte das atomare Wettrüsten der Supermächte zum politischen Alltag. Weniger bekannt ist, dass auch der Schweizer Bundesrat im Jahr 1957 Atomwaffen für die Schweiz forderte. Als Reaktion auf die Haltung der Landesregierung gründeten kirchliche und pazifistische Kreise 1958 die Schweizerische Bewegung gegen die atomare Aufrüstung der Schweiz. Sie lancierten eine Atomwaffenverbotsinitiative, die vier Jahre später mit 65,5 Prozent der Stimmen und 18 zu 4 Ständen abgelehnt wurde. Ähnlich deutlich wurde 1963 die Volksinitiative der SP abgelehnt, die lediglich verlangt hatte, dass das Volk zu einer atomaren Bewaffnung das letzte Wort haben solle. Doch in den folgenden Jahren entwickelten sich die Gegner:innen einer atomaren Bewaffnung der Schweiz zu einer ernstzunehmenden Kraft: Jahr für Jahr zählten die Ostermärsche der Anti-Atomwaffen-Bewegung mehr Teilnehmer:innen.
In jenen Jahren war Arthur Villard, seit 1954 Mitglied der SP Biel-Madretsch, an führender Stelle in der Friedensbewegung aktiv. Für die Atomverbotsinitiative übernahm er 1958 das Sekretariat für die Westschweiz. Ab 1959 führte er die «Schweizerische Friedensbewegung», dabei bewahrte er einen unabhängigen Standpunkt: Am «Weltkongress für allgemeine Abrüstung und Frieden» im Juli 1962 in Moskau kritisierte Villard auch die atomare Aufrüstung der Sowjetunion. Schliesslich muss an das Engagement Arthur Villards für die Ostermärsche gegen die atomare Bewaffnung der Schweiz erinnert werden: Beim ersten Ostermarsch im Jahr 1963 von Lausanne nach Genf war er bei den Vorbereitungen die zentrale Figur, auch bei den Ostermärschen der Jahre 1963 bis 1967 war er massgeblich an der Organisation und der Durchführung beteiligt. Aus heutiger Sicht spielten die Ostermärsche eine historisch bedeutsame Rolle: Sie waren eine wichtige Struktur, die den Protesten der 1968er-Bewegung einen Weg bahnte.