Heraus zum 1. Mai – Prämien runter, Löhne rauf!
«Leben wir, um zu arbeiten, oder arbeiten wir, um zu leben?» Seit den allerersten Maifeiern gibt die internationale Arbeiterbewegung auf diese zentrale Frage die richtige Antwort: Wir wollen mehr selbstbestimmte Zeit, in der wir unser Leben frei gestalten können!
Mit dem Leitspruch «Acht Stunden Arbeit, acht Stunden Schlaf, acht Stunden Musse» forderten die ersten Maifeiern 1890 die 48-Stunden-Woche. Es brauchte fast dreissig Jahre gewerkschaftlichen Kampf und revolutionäre Ereignisse, bis diese im Jahr 1918 in vielen Ländern verwirklicht wurde. Seither hat es weitere Fortschritte gegeben: Gewerkschaftliche Organisation und geschicktes Verhandeln der Gewerkschaften haben dazu beigetragen, dass die Wochenarbeitszeit in der Schweiz bis heute auf etwa 41 Stunden verkürzt werden konnte.
Doch eng verbunden mit der Arbeitszeit ist die Entlöhnung. Wer zu wenig verdient, kann kaum von tieferen Arbeitszeiten profitieren. Es ist alarmierend: Immer mehr Arbeitende verdienen zu wenig, um die Lebenskosten zu decken. Die Teuerung der letzten Jahre, insbesondere bei den Mieten und bei den Krankenkassenprämien, hat unsere Kaufkraft angegriffen. Deshalb verlangen wir alle gemeinsam: Prämien runter – Löhne rauf! Unterstützt die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP!
Heraus zum 1. Mai – für einen städtischen Mindestlohn!
Besonders skandalös ist die Tatsache, dass hunderttausende Beschäftigte in der Schweiz trotz Vollzeitarbeit armutsgefährdet sind – sie gelten als «Working Poor». Als wirksames Instrument, in diesem Bereich die Kaufkraft zu verbessern, hat die Linke in mehreren Städten einen städtischen Mindestlohn eingeführt. Weitere Vorteile des Mindestlohns hat das Beispiel des Kantons Neuenburg gezeigt: Dort ging nicht nur die Arbeitslosigkeit zurück, im selben Zug waren weniger Menschen auf Sozialhilfe angewiesen.
Die SP Biel und die Bieler Gewerkschaften fordern daher auch für unsere Stadt einen verbindlichen Mindestlohn, und zwar in der Höhe von CHF 23.80 pro Stunde. Bei weiter anhaltender Teuerung ist dieser Mindestlohn entsprechend zu erhöhen. Unterschreibt die Gemeindeinitiative für einen städtischen Mindestlohn!
Heraus zum 1. Mai – eine Würdigung der Nelkenrevolution von 1974
Am 1. Mai 1974, vor genau 50 Jahren, feierten im Lissabonner Sportstadion über 100’000 Menschen Portugals Befreiung von einer faschistischen Diktatur. Fünf Tage zuvor hatten fortschrittliche Offiziere und Soldaten den Diktator Marcelo Caetano zum Rücktritt gezwungen. Die Bevölkerung hatte den Aufständischen zugejubelt und ihnen rote Nelken geschenkt – ein altes Symbol der Arbeiterbewegung. Bald leuchteten die Nelken an den Uniformen und aus den Gewehrläufen der Soldaten. Doch die portugiesische «Nelkenrevolution» vollendete ihren Triumph erst am 1. Mai, als die Aufständischen die volle Kontrolle über die Strassen übernahmen. Im Lissabonner Sportstadion sprachen führende Gewerkschafter, aber auch der Sozialist Mario Soares und der kommunistische Politiker Alvaro Cunhal, die demonstrativ gemeinsam ins Stadion gezogen waren. Die «Nelkenrevolution» führte Portugal nicht nur in die Demokratie, sie bedeutete das Ende des portugiesischen Kolonialismus – Guinea-Bissau erlangte 1974, Angola, Mosambik, Sao Tomé und Principe sowie die Kapverden erlangten im Jahr darauf die Unabhängigkeit.
Heraus zum 1. Mai – weltweit für Freiheit und Demokratie!
Fünfzig Jahre nach der Nelkenrevolution gibt es in Portugal Grund zur Sorge: Bei den Wahlen im März hat die Linke eine deutliche Niederlage erlitten, während eine rechtsextreme Partei zur drittstärksten Kraft des Landes aufgerückt ist. Die Historikerin Raquel Varela erklärt: «Schon 2019 lagen die Löhne zu tief. Dann kam die Inflation, die Löhne sind weiter gesunken. Die Arbeiterschaft hat mit einer Streikwelle reagiert, die Regierung leider mit strengen Antistreik-Gesetzen. Deshalb sind linke Wählerinnen und Wähler bei den Märzwahlen zu Hause geblieben. Ähnliches geschieht im übrigen Europa: Eine zu grosse Konzentration des Reichtums in der Hand einer kleinen Minderheit verschärft die sozialen Spannungen.»
Die Kaufkraft verteidigen bedeutet auch die Stärkung der Demokratie
Sozialer Rückschritt gefährdet die Demokratie. Auch deshalb appellieren die Gewerkschaften europaweit und weltweit, dem Sozialabbau und dem Rechtspopulismus entgegenzutreten.
So schreibt der Europäische Gewerkschaftsbund in seinem Manifest zu den Europawahlen im Juni 2024: «Keine Rückkehr zur Sparpolitik. Förderung eines neuen Wirtschaftsmodells, das sich auf die Realwirtschaft konzentriert. Auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, menschenwürdige Arbeit und die Umverteilung durch faire und progressive Besteuerung.»
Und der Internationale Gewerkschaftsbund betont in seiner Kampagne für die Stärkung der Demokratie, die er am 4. März 2024 weltweit lanciert hat: «Demokratie bedeutet mehr als freie und faire Wahlen. Im Mittelpunkt unserer Kampagne steht ein neuer Sozialvertrag, der den Be-schäftigten klimafreundliche, menschenwürdige Arbeitsplätze, Rechte für alle, existenzsichernde Mindestlöhne, umfassenden sozialen Schutz, Gleichstellung und Inklusion garantiert.»
Heute stehen wir weltweit für ein Leben in Würde und Freiheit ein – es lebe der 1. Mai!