Das „Mampfflugzeug F-35“, der Bundeshaushalt und die Besteuerung des Eigenmietwerts

Bundesausgaben: Mehr Geld für die Rüstung, aber Einsparungen im Sozial- und Umweltbereich

Im «Tages-Anzeiger» hat der Karikaturist Ruedi Widmer die Sachlage auf den Punkt gebracht: Das «Mampfflugzeug F-35» hat den Tresor der Bundeskasse geknackt und nascht ergiebig an Geldmitteln, die diese hergibt. Tatsächlich zeichnet sich ab, dass das Sechs-Milliarden-Kostendach für die 36 umstrittenen Flieger mit ihren fragwürdigen US-Steuerungsmöglichkeiten um mehr als 1,3 Milliarden Franken überschritten wird, wenn die Bundespolitik keine kreative Lösung für dieses Problem findet.

Doch auch sonst stehen im Bundeshaushalt dramatische Verschiebungen an: Die Ausgaben für die Armee sollen um 4 Milliarden steigen, während der Bundesrat im sozialen Bereich und im Umweltbereich Einsparungen plant – bezüglich der KITA-Ausgaben um 800 Millionen, im Asylbereich um 500 Millionen, bei der Klimapolitik um 400 Millionen, bei der Entwicklungszusammenarbeit um 300 Millionen. Weitere Sparmassnahmen betreffen den öffentlichen Verkehr und die Bildung. Die SP lehnt dieses Sparpaket vehement ab: In einer Gegenwart, die durch eine Polykrise geprägt wird, darf auf Investitionen in unsere Zukunft nicht verzichtet werden!

Der Eigenmietwert und die Gründe für seine Besteuerung

Am 28. September entscheidet das Schweizer Stimmvolk über den «Bundesbeschluss über die kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften» – konkret geht es um die Abschaffung des Eigenmietwerts. Der Eigenmietwert gilt als Naturaleinkommen. Das heisst, dass der Eigentümer zwar kein Bareinkommen im Sinne eines Mietzinses erhält, aber einen Nutzungsertrag erzielt, indem er dank seinem Wohneigentum keine Miete bezahlt. Für die Besteuerung entspricht der Eigenmietwert in Franken ausgedrückt rund 60 bis 70 Prozent des Betrages, den ein Mieter für das Wohnobjekt pro Jahr bezahlen müsste.
Hausbesitzer haben aber die Möglichkeit, verschiedene Steuerabzüge geltend zu machen, insbesondere für Hypothekarzinsen und Unterhaltsarbeiten. Weil Mieter keine Möglichkeit haben, solche Abzüge vorzunehmen, müssen Hausbesitzer den Eigenmietwert versteuern.

Die Abschaffung des Eigenmietwerts hätte fatale Folgen

Wir empfehlen ein Nein zum Bundesbeschluss, weil die Abschaffung des Eigenmietwerts viele negative Auswirkungen nach sich ziehen würde: Die Steuerausfälle wären hoch – Schätzungen gehen von 1,8 Milliarden Franken aus, allein die Bundeskasse müsste auf 400 Millionen Franken verzichten. Dadurch würden Steuererhöhungen unvermeidlich. Serge Gaillard, Ex-Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, rechnet als Folge mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,3 Prozent. Wird eine Konsumsteuer erhöht, ist dies für die mittleren und unteren Einkommen besonders spürbar. Zudem bedeutet die Abschaffung des Eigenmietwerts eine Entlastung von Personen mit Besitz, während viele Familien unter den steigenden Wohnungsmieten zu leiden haben. Gerade in einer Zeit, in der die soziale Ungleichheit in der Schweiz zunimmt, ist die Abschaffung des Eigenmietwerts somit ein No-Go.

Aus historischer Sicht ist die Besteuerung des Eigenmietwerts gerechtfertigt

Die Besteuerung des Eigenmietwerts wurde erstmals 1915, während des Ersten Weltkriegs, als «Kriegssteuer» für die Dauer des Krieges eingeführt. Denn damals litt der Bundeshaushalt unter dem Rückgang der Zolleinnahmen, nachdem der Krieg zwischen den Nachbarländern das Importvolumen gesenkt hatte.  Im Jahr 1934, während der grossen Weltwirtschaftskrise, liess der Bundesrat den Eigenmietwert erneut besteuern: Infolge von krisenbedingten Steuerausfällen wurden zusätzliche Einnahmen zur Gesundung des Bundeshaushalts unumgänglich.

Die neue politische Instabilität auf internationaler Ebene, die Herausforderung durch den Klimawandel und die historisch tiefe Geburtenrate sind nur einige Beispiele für die Polykrise, in der wir gegenwärtig leben. In solchen Zeiten braucht handlungsfähige, finanziell solide Gemeinwesen auf Bundes- Kantons- und Gemeindeebene. Die Abschaffung der Besteuerung des Eigenmietwerts ist daher unverantwortlich.

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