Die Stadt Biel muss einfordern, was ihr zusteht

Tag für Tag sehen wir es beim Einkauf und beim Bezahlen der Rechnungen, lesen wir es in der Berichterstattung über die Krankenkassenprämien und die Entwicklung der Mietpreise: die Teuerung zieht an, gegen Monatsende wird es für viele von uns finanziell eng.
Dass die Bielerinnen und Bieler am Sonntag, 27. November 2022 das Budget der Stadt Biel abgelehnt haben, ist daher verständlich. Mehr als zwei Drittel der Stimmenden lehnten die beiden Budget-Varianten ab und sagten somit Nein zu den vorgeschlagenen Steuererhöhungen.

Auch wir von der SP Biel-Madretsch standen auf der Verliererseite, hatten wir doch mit knapper Mehrheit im Vorstand empfohlen, die Variante mit höheren Unternehmenssteuern zu befürworten. Damit wollten wir ein Zeichen setzen, ging die Stadt Biel doch von einer Halbierung der Erträge aus Unternehmenssteuern aus. De Variante II hätte die Unternehmen korrigierend in die Verantwortung genommen. Was wir zu wenig berücksichtigten: Für viele Haushalte lagen die auch für natürliche Personen vorgesehenen Steuererhöhungen einfach nicht mehr drin. Die Teuerung liess keinen Spielraum.
Bald wurde klar, dass auch der Gemeinderat sich geirrt hatte: Die Unternehmenssteuern erbrachten weit höhere Erträge, anstelle der budgetierten 17 Millionen flossen 37 Millionen in die Stadtkasse. Das hat die Finanzlage der Stadt ein wenig entspannt.
Es ist gewiss klug, trotz dieser Entspannung vorsichtig zu budgetieren, doch die Zukunft unserer Stadt ist eng mit Investitionen verknüpft – mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien und mit Massnahmen zum Klimaschutz zum Beispiel soll nicht zugewartet werden.

Auf der Ausgabenseite bleiben Verbesserungen möglich, aber im kulturellen und sozialen Bereich gibt es nicht mehr viel Spielraum. Das Tobs zum Beispiel hat eindrücklich gezeigt, in welchem Ausmass es mögliche Einsparungen bereits vorgenommen hat. Und bei den sozialen Institutionen weisen Jahresberichte nach, wie viel ehrenamtliche Arbeit zur sozialen Gesundheit in unserer Stadt beiträgt.
Deshalb ist es umso wichtiger, das Potenzial auf der Einnahmenseite zu überprüfen. Und da gibt es tatsächlich Aussicht auf Mehreinnahmen!

Erstens wurden für die Steuerentlastungen im Rahmen der Unternehmenssteuerreform des Kantons Bern Kompensationsgelder versprochen, über deren Verbleib nichts bekannt ist. Es kostet nichts, sich nach dem Verbleib dieser Gelder zu erkundigen.

Zweitens sind nach Angaben des Stadtberner Finanzdirektors Michael Aebersold 25,4 Millionen Franken der Zentrumslasten der Städte vom kantonalen Finanzausgleich nachweislich nicht abgegolten worden. Von diesem Betrag käme doch ein schöner Batzen der Stadt Biel zugute.

Drittens müssten die Zentrumslasten der Stadt Biel auf regionaler Ebene überprüft werden. Tragen die Gemeinden der Region in ausreichendem Ausmass mit, was die Stadt ihnen bietet?

Viertens ist es ratsam, die Steuerbefreiung von mehreren Dutzend Firmen am Standort Biel zu überprüfen. Sind die Bedingungen für die Steuerbefreiung noch gegeben? Erfüllen die Firmen die Auflagen, die mit der Steuerbefreiung verbunden sind? Wie hoch ist der Betrag, auf den die Stadt Biel im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung verzichtet? Alles Fragen, die einmal gestellt werden müssen.

Die Stadt Biel hat im Vergleich mit anderen Städten eher ungünstige Voraussetzungen, was die Steuererträge angeht. Gerade deshalb muss sie einfordern, was ihr zusteht.

Der Vorstand der SP Biel-Madretsch

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